Ausnahmezustand in NRW: Medien starten Live-Berichterstattungen auf Facebook, Verkehrsunternehmen stellen ihren Betrieb ein. Menschen twittern und laden im Minutentakt aktuelle Videos in ihre Instagram-Story. Für die Dokumentation der Katastrophe ist also schon einmal gesorgt. Ach nein, es ist gar keine Katastrophe eingetroffen, es schneit doch nur. Alle Jahre wieder landen ein paar Schneeflocken in Nordrhein-Westfalen und es bricht das sogenannte „Schnee-Chaos“ aus. Mal mehr, mal weniger. Aber es wiederholt sich immer und immer wieder. Den Reaktionen der Menschen, egal ob jung oder alt, ist das aber nicht anzumerken. Die ersten Schneeflocken werden dokumentiert, als wären es die Ersten ihres Lebens, auch wenn die Nutzer der Sozialen Medien rein statistisch gesehen schon den ein oder anderen Winter miterlebt haben sollten. Ständig werden neue Bilder hochgeladen, es sind immerhin 0,05 Zentimeter Schnee dazugekommen. Und bei den Freunden, die drei Straßen weiter wohnen, ist dieses Naturwunder sicher nicht zu beobachten.

Auch die Medien springen darauf an: Live-Videos zeigen den Menschen, dass es in der einen bestimmten Stadt schneit. Die aktuellen Unfälle werden in Sekundenschnelle verbreitet, auch wenn nur ein Mini-Kratzer entstanden ist. Die Redaktionen kopieren Tipps und Tricks gegen die Kälte, zugeschneite Autos oder nasse Füße aus den vergangenen Jahren, obwohl Oma schon vor 50 Jahren die Unbrauchbarkeit solcher „Life Hacks“ erfahren musste. Während das angebliche „Schnee-Chaos“ tagelang die Medien-Dienste in NRW beherrscht, beschäftigen sich die bayrischen Medien mit offensichtlich wichtigeren Themen wie Innen- oder Asylpolitik. Und das, obwohl es bekanntermaßen im Süden Deutschlands mehr schneit als im Westen.

Viele Nutzer posten das #obligatorischeschneefoto.
Quelle: Tim Gouw, pexels.com

 Wintereinbruch kommt immer so plötzlich

Doch die Zeitungen, Fernsehsender und Online-Magazine werden auch gut mit Nachrichten zum Thema Schnee gefüttert. Busbetriebe stellen ihren Betrieb ein, mitten am Tag und kurz vor Unterrichtsende der meisten Schulen. Das bietet natürlich Zündstoff und interessiert die Nutzer. Da stellt sich die Frage, wieso hier so ein Chaos ausbricht, obwohl andere Länder wie Schweden oder Österreich mit bedeutend mehr Schnee gut zurechtkommen. Allen Beteiligten würde es sicher gut tun, erst einmal die Ruhe zu bewahren. So sorgt jeder Einzelne dafür, dass keine Panik entsteht und kein unnötiges Chaos hervorgerufen wird. Dann können sich Schneeräumdienste, Feuerwehr und Polizei auf das Wesentliche konzentrieren: Schnee und gefährliche Glätte räumen, Unfälle vermeiden oder verunglückten Menschen helfen und soweit wie möglich Normalität schaffen. Dabei hilft auch Vorbereitung. So wie die Deutsche Bahn und Busbetriebe reagieren, scheint der Wintereinbruch immer unerwartet und plötzlich zu sein. Also kleiner Tipp für das nächste Jahr: Es gibt da so eine Jahreszeit, „Winter“ wird sie genannt, in der sollten alle Menschen und Betriebe darauf vorbereitet sein, dass es kalt werden und sogar Schnee fallen könnte.