Titelbild Quelle: Anne

 

Frühdienst, Nachtdienst, Prüfungsstress und kaum Freizeit: 2014 begann Anne ihr duales Studium in der Gesundheits- und Krankenpflege. Während andere verreisten, verbrachte sie ihre Semesterferien im Krankenhaus. Wie sie die vier Jahre stressfrei gemeistert hat, erfahrt ihr hier:

Stressfrei durchs Studium – geht das überhaupt?
Ja das geht. Das Wichtigste ist dabei die Motivation. Ich hatte immer mein Ziel vor Augen: einen erfolgreichen Abschluss, endlich richtig arbeiten und Geld verdienen. Während des Studiums habe ich vor allem versucht, mir meine Zeit gut einzuteilen. Schließlich wollte ich die wenige Freizeit die übrig blieb, gut nutzen. Es gab aber auch mal Tage, an denen ich gar keine Lust hatte zu lernen. Das gehört dazu. Mir hat es dann geholfen in Lerngruppen zu arbeiten. So konnten wir gemeinsam leiden oder uns gegenseitig motivieren.

Was war das Prägendste, was du während deiner Ausbildung erlebt hast?
Relativ am Anfang meiner Ausbildung gab es eine Situation, die ich nie vergessen werde: Es war mein zweiter Einsatz im ambulanten Pflegedienst. Wir kamen bei unserem ersten Patienten an und merkten, dass es ihm nicht gut ging. Als wir ihn zur Toilette begleiten wollten, ist er zusammengebrochen. Er war bei Bewusstsein, aber sah sehr blass und schwach aus. Während mein Kollege im Nebenraum alles für den Transport in ein Krankenhaus vorbereitete, blieb ich allein beim Patienten. Ich sollte ihn beruhigen und seine Hand halten. Er hat ganz schwer geatmet und kaum noch die Augen aufbekommen. Es sah wirklich so aus, als würde er gleich sterben. In dem Moment war ich so unsicher und überfordert, dass ich es nicht ausgehalten habe, neben ihm zu sitzen. Das Ganze ging mir sehr nah und mir kamen die Tränen. Ich bin schließlich zu meinem Kollegen gegangen und musste das erstmal verarbeiten. Der Patient ist später im Krankenhaus verstorben.

Wurdest du im Studium auf so eine Situation vorbereitet?
Zu dem Zeitpunkt noch gar nicht. Später wurde darüber gesprochen, wie die Sterbephasen ablaufen. Es ging aber weniger darum, wie ich jemanden begleite der gerade stirbt. Aber ich denke da muss auch jeder seine eigenen Erfahrungen mit machen, und merken wie er damit am besten umgeht.



Anne in ihrem ersten Ausbildungsjahr.
Quelle: Anne

Fühlst du dich heute besser darauf vorbereitet?
Ich glaube ich werde nie auf alles vorbereitet sein. Mit der Zeit fällt es einem nur leichter damit umzugehen. Dennoch werde ich immer wieder Situationen erleben, die ich vorher noch nicht kannte. Ich bin natürlich auch jetzt noch dabei, viel zu lernen. Und ich will auch gar nicht auf alles vorbereitet sein, denn das wird ja irgendwann langweilig.

Gibt es Patienten, die dir besonders positiv im Kopf geblieben sind?
Einige Patienten sagen mir direkt, dass sie mich mögen, oder dass sie sich auf der Station wohlfühlen. Das bleibt mir natürlich immer positiv im Kopf. *lacht*
Ich erinnere mich aber auch an einen Patienten, der besonders kommunikativ war. Er hat immer sehr viel mit meinen Kollegen und mir gequatscht. Manchmal hat er uns Eis aus der Kantine mitgebracht oder wollte mit dem Spätdienst Pizza bestellen. Der ruft auch heute noch auf der Station an und fragt wie es uns geht.

Frühdienst, Nachtdienst und dann noch für Prüfungen lernen, wie sehr leidet da das Privatleben?
Es geht. Man kriegt sich organisiert. Die Dienstpläne lassen zum Glück auch manchmal Spontanität zu, sollte etwas Wichtiges dazwischenkommen. In den Fällen habe ich dann mal die Schicht mit den Kollegen getauscht. Trotzdem ist es blöd, wenn die Freunde am Wochenende etwas unternommen haben und ich arbeiten oder lernen musste.

Hast du es geschafft, einen Ausgleich zu finden?
Mir war es immer sehr wichtig nebenbei Sport zu machen, gerade in der Praxisphase. Ich spiele seit 16 Jahren Handball im Verein und habe zwei mal die Woche Training. Das hat mir sehr geholfen, um  mal den Kopf frei zu kriegen. Damit möchte ich so schnell auch nicht aufhören.


Beim Handballtraining kann Anne am besten abschalten.
Quelle: Jürgen Krüger (Neue Westfälische)

Jetzt nach dem Studium, wie geht es bei dir weiter?
Ich will jetzt erstmal weiter Erfahrung in der Praxis sammeln. Deswegen arbeite ich momentan noch im Krankenhaus. Im nächsten Jahr werde ich in ein Herz- und Diabetes-Zentrum wechseln und dort auf der Intensivstation arbeiten. Da erwarten mich dann ganz neue Herausforderungen. Ob ich anschließend noch weiter studiere, weiß ich jetzt noch nicht.

Heute in 15 Jahren…
… möchte ich noch immer das machen, was ich jetzt gerade mache, nur mit mehr Verantwortung. Ich möchte andere Projekte durchführen und die Stationen weiter verbessern. Und das am liebsten zu festen Arbeitszeiten. *lacht*


Bis Ende des Jahres ist das Krankenhaus in Bad Oeynhausen ihr Arbeitsplatz. Hier hat Anne ihre Ausbildung gemacht.
Quelle: Webseite Krankenhaus Bad Oeynhausen