• Der vegane Wintermarkt in Duisburg ist der erste vegane Weihnachtsmarkt in Deutschland, der fünf Wochen lang stattfindet
  • Er soll Menschen zusammenbringen, ist aber kein Teil vom traditionellen Weihnachtsmarkt
  • Veganer Burger und veganer Glühwein im Test

Grünes Tomaten Chutney, ausgestellt in kleinen Einmachgläsern mit bronzefarbenen Deckeln und eher braun als grün, bringt das Stück Fladenbrot fast zum überlaufen. Eingepackt in Backpapier, bekommt Josi den veganen Burger in die Hand gedrückt. Nach dem ersten Biss fallen Linsenkeime auf den regennassen Boden, die den gerösteten Linsenbratling einrahmen. Wie ein gleichwertiger Ersatz für einen Classic Cheese Burger mit extra Bacon sieht das alternative Konstrukt nicht aus. „Es ist außergewöhnlich und schmeckt sogar ziemlich gut, aber daran müsste ich mich echt erst gewöhnen“. Josi ist keine Veganerin und zum ersten Mal auf einem veganen Weihnachtsmarkt zu Besuch. Sie lässt sich auf den Versuch ein, ob und wie Weihnachten vegan funktionieren kann.


Das Start-Up „Linsenbratlinge“ verkauft seine veganen Burger auf dem veganen Wintermarkt in Duisburg. Foto: Steffen Schmalenberg

Der vegane Wintermarkt soll Menschen vereinen, hält aber Abstand zum traditionellen Markt

In der Duisburger Altstadt feiert dieses Jahr der Wintermarkt „Anis & Zauber“ Premiere. Es ist der erste vegane Weihnachtsmarkt in Deutschland, der über einen Zeitraum von fünf Wochen stattfindet. Offiziell sollen es in den ersten zwei Wochen 16 Stände sein – an diesem Samstag lassen sich die kleinen Buden aber an zwei Händen abzählen. „Der Markt steht für das Zusammenkommen aller Menschen als Teil des traditionellen Duisburger Weihnachtsmarkts“ heißt es in der Pressmitteilung der Veranstalter. Räumlich ist die Zusammengehörigkeit nicht zu merken, da gut 300 Meter zwischen beiden Standorten liegen und die rot-weiß gestreiften Anti-Terror-Poller ihr Übriges dazu tun. Trotzdem füllt sich der Markt an der Münzstraße. Vor einem Stand der Tierschutzorganisation PETA versucht ein kleiner Junge gerade Herr über einen veganen Döner zu werden, während seine Oma sich über die ausgelegten Broschüren beugt.

Mit Virtual Reality möchte PETA die Passanten vom Tierschutz überzeugen

Tofu Saves Lives. Darüber eine mit Rosen bedeckte Kuh vor schwarzem Hintergrund. Josi steckt sich den Sticker ein und kommt mit dem dreiköpfigen Team, das den Stand betreut, ins Gespräch.

Sven Manske ist Leiter des PETA-Zwei Street Teams, das jeden Tag auf dem Markt steht, um Gespräche mit den Passanten zu führen und ein Umdenken beim Thema Tierschutz einzuleiten. „Wir erfahren hier eine sehr positive Resonanz. Es gibt natürlich Ausnahmen, aber die Besucher sind in der Regel sehr offen für unser Anliegen“. Das gelte vor allem für die Virtual-Reality-Brille, durch die jeder Freiwillige sich in Augenkontakt mit einem Hasen begibt. Eye-To-Eye heißt diese virtuelle Begegnung zwischen Mensch und Tier. Für Sven, selbst seit vielen Jahren Veganer, ist es gerade zu Weihnachten wichtig, sich dem eigenen Konsum bewusst zu werden: „Natürlich gibt es auch Stress und Diskussion in meiner Familie, gerade an Weihnachten, wenn das Thema Veganismus aufkommt. Aber diese Situationen lassen sich lösen.“ Ein Fest der Liebe, aber nicht für Tiere. Weihnachten ist für die Tierschützer ein Spiegelbild der Missstände, wenn es um den Verzerr von Fleisch geht. Deshalb sind sie aktiver Teil des Weihnachtsmarktes, als „Teil von etwas Wichtigem“. Josi nimmt unterschreibt die ausliegende Petition und verabschiedet sich. Als Antwort kommt eine Empfehlung für den veganen Glühwein, den es beim Stand gegenüber gibt.

Ein Street-Team von PETA bietet ein Vieraugengespräch mit einem Hasen an. Foto: Steffen Schmalenberg

„Wie kann Glühwein nicht vegan sein?“

An der Bude „Getränke Zauber“, auf dessen Dach ein großes Schild mit dem Namen des Weihnachtsmarktes prangt, wird noch Hand angelegt. Über der Theke hängen an einer Schnur diverse Tassen und Kugeln, mit etwas Gaffer-Tape befestigt. „Sieht gut aus!“ heißt nach einem flüchtigen Blick auf das Werk, als eine Tasse mit blauer Verzierung gefährlich zu wackeln anfängt.

„Wie kann Glühwein nicht vegan sein?“, fragt Josi während sie auf ihre Bestellung wartet. Die junge Frau hinter der Theke wirkt für einen kurzen Moment erstaunt über die Frage und fährt sich durch ihr grün gefärbtes Haar. „Ich glaube das liegt vor allem an der Zubereitung des Weins. Der wird häufig mit Fischblasen geklärt. Aber eigentlich ist kaum ein Glühwein nicht vegan“. Eine Passantin, die sich die Hände an ihrer blau-verzierten Tasse wärmt, schaltet sich ein: „Das Schlimme ist, dass das nirgendwo draufsteht und man sich deshalb nicht sicher sein kann, ob tierische Produkte dabei eingesetzt werden“. Sie möchte ein paar Flaschen kaufen, da sie schon länger nach veganem Glühwein suche.

In den Gesprächen schwingen diese Vorsicht und eine Unsicherheit immer mit. Der Markt gibt mit der Aufschrift „vegan“ ein Versprechen an seine Besucher ab – Sie können auf die Herkunft der angebotenen Produkte vertrauen. Was fehlt, sind Menschen, die von veganer Ernährung erst noch überzeugt werden müssen. So bleibt der vegane Wintermarkt in Duisburg zunächst nur ein Treffpunkt für Gleichgesinnte.

Wer den veganen Weihnachtsmarkt noch besuchen will, kann das bis zum 30.12. tun. Wenn ihr das VR-Video von PETA testen wollt, habt ihr hier die Möglichkeit dazu.