• Mixed Martial Arts hat den Ruf eines brutalen und blutrünstigen Sports. Primitives aufeinander einschlagen, ohne jegliche Regeln. Selbst wenn der Gegner auf dem Boden liegt.
  • Der Sport ist in den USA bereits fest etabliert, auch bei Kindern. In Deutschland kommt der Hype langsam an. Der Fight Club Gelsenkirchen bietet Kurse für Kinder ab zehn Jahren an.
  • Dabei liegt der Fokus vorrangig, nicht auf dem Sport. Ziel ist es den Kindern Werte zu vermitteln, die in der späteren Entwicklung hilfreich sein können.

Ein 10-jähriger Junge streift sich seine roten Boxhandschuhe über und holt aus. Er schlägt ein, auf die Rippen eines 14-jährigen Mädchens. Links, rechts, links, rechts. Eine Minute lang, nonstop. Sie wird erlöst, von einem Pfiff. Das Blatt wendet sich. Plötzlich prasseln die Schläge auf die Rippen des Jungen ein.

Mixed Martial Arts (MMA) gilt als brutaler Kampfsport, bei dem alles erlaubt ist. Nur, weil jemand auf dem Boden liegt, ist der Kampf nicht vorbei. In den USA üben mittlerweile fast drei Millionen Kinder unter 14 Jahren den Sport aus. In Deutschland bietet der Fight Club Gelsenkirchen seit eineinhalb Jahren Kurse für Kinder ab 10 Jahren an. Mit dem Ziel grundlegende Werte zu vermitteln.

Fight Club Gelsenkirchen

Über eine Außentreppe geht es hinunter in den Club. Der Eingangsbereich ist gefüllt mit Stehtischen und Barhockern aus Chrom, dahinter eine Theke.
An der Theke gelehnt steht Deniz Haciabdurrahmanoglu, Geschäftsführer und Gründer des Fight Clubs. Rechts von ihm befindet sich der noch leere Trainingsraum. Zahlreiche Boxsäcke hängen in einer Reihe. Von der Decke bis kurz über dem Boden. Sie teilen den Raum zwei.

Auf der linken Seite eine Freifläche zum Trainieren. Der Boden, bedeckt mit roten und grauen Kampfmatten, in der Form eines Kampfrings. Die Wände sind verspiegelt. In den Regalen stapeln sich die Pratzen und Medizinbälle. Auf der anderen Seite steht das Oktagon. Das Oktagon ist der Kampfring des MMA. Ein Achteck umzäunt von Maschendraht.

Alle Kampfsportarten vereint

Von Kickboxen über Muay-Thai bis hin zu Ringen, Judo und brasilianischen Jiu-Jitsu. MMA vereint eine Vielzahl von Kampfsportarten. Kämpfe ohne ärztliche Versorgung finden bei uns nicht statt, erklärt Deniz. Zweimal die Woche lässt der seit zwanzig Jahren lizensierte Trainer die Kinder verschiedenste Kampfsporttechniken trainieren.

Eine halbe Stunde vor Beginn des Trainings öffnet sich die Kellertür wieder und wieder.
Rhythmisch trudeln die Kinder ein. Bevor diese in der Umkleide verschwinden, wird Deniz von jedem einzelnen persönlich begrüßt. Die Mädels mit einer Umarmung, die Jungs mit einem Handschlag.

Sturm vor der Ruhe

Langsam füllt sich der Trainingsraum. Fünfzehn Minuten vor Trainingsbeginn kommen die ersten Kinder aus der Umkleide. Erste dumpfe Schläge prasseln auf die Boxsäcke ein.
Begleitet von kindlichen Kung-Fu Schreien.

Der Sport steht bei den Kindern nicht im Vordergrund. „Das Training ist eine Art der Prävention“ betont Deniz und richtet seinen Blick zu den Kindern. In der Zeit haben diese das Oktagon besetzt.
Es wird getobt, gekreischt und gelacht. Der Lärmpegel steigt unermesslich, bis ein Pfiff ertönt.

„Work hard“

Vier Mädchen und zehn Jungs ordnen sich ein, in Reih und Glied. Alle im Alter von zehn bis fünfzehn Jahren. Vor ihnen steht ihr Trainer. Die Blicke geradeaus gerichtet. Das einzige wahrnehmbare Geräusch sind die Atemzüge. Zum Warmmachen ein paar Runden drehen, gibt der Trainer lautstark vor. Erneut ist die Trillerpfeife zu hören. Es ist der Startschuss.

Der Trainer läuft vorne weg. Mal eine Runde im Kreis. Mal Slalom durch die Boxsäcke.
Aus der Stereoanlage dröhnt es „the only thing we know is, work hard, play hard”.
Die Kinder folgen ihm auf Schritt und Tritt, ohne dabei einen Ton von sich zu geben.
Als die Pfeife wieder ertönt, steht alles Still. Erste Schweißtropfen fallen zu Boden.
Es redet weiterhin niemand.

Schweißtreibend

Auf Anweisung werden Pärchen gebildet. Nicht nach Geschlecht oder Größe, alles bunt gemischt.
Jedes Kind setzt seinen Mundschutz ein und zieht die Boxhandschuhe über. Die sind teilweise größer, als so mancher Kopf. Verletzungen im Training, kommen nie vor betont Deniz, der das Geschehen heute von außen beobachtet. Schutz muss trotzdem sein, falls ein Schlag mal unglücklich abrutscht.

Als nächstes werden Körpertreffer geübt. Eine Minute lang, rechts, links in die Rippen des Partners. Anschließend wird gewechselt. Ein Schlag nach dem anderen stecken die Kinder weg.
Hier und da ist ein Stöhnen zu hören. Schmerzverzerrte Gesichter gibt es keine. Es ertönt der Pfiff.
Ein Junge atmet schwer, wischt sich den Schweiß von der Stirn und richtet den Blick zu seiner Partnerin. „Das tat weh, gut gemacht“ und fängt an zu lachen. Die Luft im Raum wird enger.

Blutrote Köpfe

Zum Ende des Trainings, wird das Boxsparring geübt. Eine wettkampfnahe Trainingsmethode, mit dem Fokus, Verletzungen zu vermeiden. Schläge zum Kopf nicht durchziehen gibt der Trainer vor.
Der Pfiff erfolgt. Die Fäuste fliegen. Ein Schlag trifft einen Jungen am Kopf.
Der Übeltäter lässt seine Deckung fallen und geht auf ihn zu. Aus dem nichts kassiert er einen Haken in die Rippen. „Aufmerksam bleiben“ sagt der getroffene Junge mit einem Grinsen im Gesicht. Ein letzter Pfiff schallt durch den Raum. Eine Reihe wird formiert. Der Trainer verbeugt sich, die Kinder ziehen nach. Aus dem Hintergrund hört man Deniz sagen.
„Respekt, Disziplin und die eigenen Grenzen, das wollen wir den Kindern mitgeben“.
Bevor die Trainingsfläche verlassen wird, klatscht jeder jeden ab.
Alle Kinder haben blutrote Köpfe. Verletzt ist niemand.