Facebook stellt neues Tool vor und bietet neue Möglichkeiten für Nutzer

Nicht erst seit den Wahlen in den USA, in den Niederlanden, Frankreich und jüngst auch in Deutschland ist klar, dass das Internet und besonders die sozialen Netzwerke enorm Einfluss nehmen auf unser Denken und Handeln, doch spätestens jetzt sollte deutlich geworden sein, wie gefährlich die sogenannte „Facebook-Blase“ eigentlich ist und wie viel Machtpotential in dem sozialen Netzwerk steckt!

Hinter dem Begriff verbirgt sich ein, auf den ersten Blick, recht simpel wirkender Algorithmus. Jeder Facebook-Nutzer hat eine gewisse Bandbreite an Seiten und Personen, denen er folgt. Gemischt mit Vorschlägen, Werbung und Verweise ergibt das den News-Feed auf der Facebook-Page. Dieser Feed zeigt immer nur die Beiträge an, die dem Nutzer gefallen oder gefallen könnten. So spiegelt sich in dem Feed ein einseitiges Meinungsbild wieder – der Nutzer ist in seiner ganz eigenen Facebook-Blase gefangen!

Populismus per App

Gerade bei Personen, die leicht empfänglich für radikale Meinungen sind, wird diese Blase oft zur Gefahr, denn der Nutzer bekommt das Gefühl, dass die Welt um ihn herum genauso denkt wie er. Über diesen Weg haben sich in den vergangenen Jahren viele Menschen radikalisiert und sich ein extremes Weltbild erschaffen.

Eine Person mit politisch-rechten Tendenzen gerät sehr schnell in ein verklärtes Weltbild, wenn der Facebook-Feed nur die Propaganda der Rechtsradikalen und Rechtspopulisten widerspiegelt. Gerade aus diesem Bereich kam es immer wieder zu schlimmen Anschuldigungen und Unwahrheiten, die letztlich zu Ausschreitungen und großen politischen Themen wurden. Man nehme nur mal die Ereignisse der Silvesternacht 2016 in Köln oder die angebliche Vergewaltigung einer Deutschen durch Asylbewerber. Diese Gerüchte wurden größtenteils durch die sozialen Medien verbreitet, aufgebauscht und so verbogen, dass Rechtspopulisten sie für ihre Zwecke nutzen konnten.

Entdecker auf dem eigenen Smartphone

Um dieser Entwicklung und den sogenannten „Fake-News“ entgegen zu wirken, hat Facebook nun ein neues Tool vorgestellt und veröffentlicht. Der „Entdecker-Feed“!

Dieses neue Tool trägt das Symbol einer kleinen, weißen Rakete auf rotem Grund und soll den Nutzern helfen aus ihrer Blase hinaus zu kommen und neue Seiten von Facebook zu entdecken. Leider ist die Anwendung nicht leicht zu finden, sie verbirgt sich nämlich zwischen all den anderen Tools. Auf dem PC findet es der Nutzer auf der linken Seite unter dem Reiter „Entdecken“ und auf dem Smartphone findet man es unter der Aufklapp-Option ganz oben rechts in der App.

So sieht der Entdecker-Feed auf dem Smartphone und dem PC aus:

Die kleine Rakete führt den Nutzer zu einem ganz neuen Feed und katapultiert ihn aus der bisher bestehenden Blase. Im Entdecker-Feed sieht der Nutzer nun die angesagtesten Beiträge auf Facebook, kann neue Interessen entdecken und hier werden ihm neue Seiten empfohlen, denen er bisher nicht folgt.

Das Ziel des Entdecker-Feeds: Den Horizont der Nutzer erweitern! Aber klappt das wirklich? Wie neu und interessant sind die Beiträge dort? Das US-Magazin „Techcrunch“ sprach mit einem Sprecher von Facebook und dieser erklärte, dass die Beiträge des Entdecker-Feeds bereits populär seien und nach dem individuellen Interesse der Nutzer sortiert werden.

„Ich komme nicht so wirklich aus meiner Blase raus!“

Wir machen den Test und setzen Facebook-Nutzer vor das neue Tool und lassen sie den Entdecker-Feed mit ihrem gewohnten Feed vergleichen: Es fällt auf, dass Themen des persönlichen Interesses sehr viel Beachtung finden im Entdecker-Feed. Ist der Nutzer zum Beispiel sehr Sportbegeistert, dann bietet Facebook vor allem Beiträge mit sportlichen Inhalten an. „Ich sehe viele Beträge von Sportseiten, die ich sowieso in meiner Timeline habe ohne, dass ich sie geliket habe.“

Nicht immer bietet der Entdecker-Feed neues.

Vor allem politische Themen finden selten den Weg in die alternative Chronik. „Von den großen, seriösen Medien habe ich hier bisher noch gar nichts gesehen.“. Der Aspekt der politischen Weiterbildung bleibt also auf der Strecke und dem Nutzer wird generell nicht mehr Unterhaltung geboten als auf der eigenen Timeline auch, außerdem sind einige Beiträge schon mehrere Tage alt und damit nicht mehr aktuell.

Mehr Spielerei als Lösung

Dementsprechend fällt das Fazit mittelmäßig aus, denn der Entdecker-Feed hält auf keinen Fall, was er verspricht und erfüllt in keiner Weise die gewünschte Wirkung, nämlich neue Dinge zu entdecken außerhalb der eigenen, vielleicht schon zu Routine gewordenen, Timeline. Auch die anfangs angesprochenen Probleme Populismus, Radikalisierung und einseitige Berichterstattung werden durch das neue Tool nicht angepackt, geschweige denn gelöst. Facebook hat damit zwar den Anfang für neue Möglichkeiten gesetzt und reagiert so auf laut gewordene Forderungen der Nutzer aber alles in allem wirkt das neue Tool mehr wie eine Ausrede und ermöglicht es dem US-Unternehmen mehr Nutzer für längere Zeit auf der Plattform zu halten und so mehr Werbung zu verkaufen.

Kleiner Tipp: Wer trotzdem die wichtigsten Nachrichten ganz oben in seinem Feed haben möchte, der kann unter „Feed-Einstellungen“ eine Favoritenliste erstellen und die wichtigsten Nachrichtenkanäle dort hineinpacken.