• Viele Kläranlagen haben Probleme mit Feuchttüchern im Abwasser. So auch die Kläranlage Löhne.
  • Die Feuchttücher verfangen sich in den Pumpen und müssen oft mit viel Aufwand und Kosten beseitigt werden.
  • Die Reparaturen können für die Mitarbeiter gefährlich werden.

In der Leitwarte der Kläranlage in Löhne leuchtet eine kleine, rote Lampe auf. Es ist das einzige rote Licht neben den vielen grünen Lichtern auf der drei Meter langen Schalttafel.

Die rote Lampe gehört zu der Pumpstation Depenbrock. Es ist das größte und leistungsstärkste Pumpwerk im Einzugsgebiet der Kläranlage. Der Betriebsleiter Hans Kleine (52) weiß, dass es ein Problem gibt. Der Auslöser ist noch nicht zu erkennen. Eines steht jedoch fest: Das Problem muss so schnell wie möglich behoben werden.

Problemort Pumpe

Die Pumpstation verbirgt sich in einem kleinen, rot geklinkerten Gebäude, zehn Minuten mit dem Auto von der Kläranlage entfernt. Schon beim Betreten des Gebäudes steigt ein unangenehmer Geruch nach Abwasser in die Nase. Eine steile Treppe führt einige Meter nach unten. Je weiter runter es geht, desto stechender und lästiger wird der Geruch.

Eine große, schwarze Pumpe steht inmitten eines kleinen, weiß gekachelten Raumes. Mit einem Knopfdruck fährt die Pumpe surrend nach oben und es wird klar, weshalb der Abwasser-Meister Gummistiefel trägt. Ein Schwall mit braunem, stinkendem Abwasser schwappt aus der Pumpe heraus und bedeckt den Boden des Raumes. Im Inneren der Pumpe liegt ein dicker Knoten aus lauter kleinen, weißen Fetzen. „Wie ich es mir gedacht habe, die Feuchttücher sind mal wieder das Problem“, sagt der 52-jährige mit ruhiger Stimme.

Die große, schwarze Pumpe steht mitten im Raum. Foto: Ricarda Kleine
Ein großer Knoten mit Feuchttüchern hat die Pumpe verstopft. Foto: Ricarda Kleine

Arbeit und Kosten durch Feuchttücher

Mithilfe einer Pumpe wird das Abwasser aus den Haushalten gebündelt zur Kläranlage gepumpt. Feuchttücher bestehen anders als Toilettenpapier aus Faserstoffen, die nicht zersetzt werden können und somit die Pumpen verstopfen. Die widerspenstigen Tücher wickeln sich um die messerscharfen Rotoren-Blätter und blockieren so die Pumpe.

Feuchttücher dürfen in Deutschland nicht in der Toilette entsorgt werden. Trotzdem halten sich viele Menschen nicht daran, was den Kläranlagen große Probleme bereitet. Besonders während der Corona-Pandemie haben die Kläranlagen aufgrund der Toilettenpapier-Engpässe mit diesen Problemen zu kämpfen. Nicht immer lassen sich die Feuchttücher einfach beseitigen. „Ein bis zwei Mal im Jahr muss eine Pumpe ganz erneuert werden. Das kostet dann schon mal locker 8000 Euro“, erläutert der Abwasser-Meister.

Gefährliche Arbeit

Mit einer langen Zange greift Hans Kleine nach dem großen Feuchttücher-Knoten. Dieser lässt sich gut lösen, sodass das Problem heute ohne weitere Kosten und Mühe beseitigt werden kann. „Wenigstens war es diesmal keine Ratte. Das hatten wir alles schon“, sagt er lachend. Ein leises Piepen ertönt und der Betriebsleiter schaut sein Bein herunter. Das Geräusch kommt von einem handgroßen, schwarzen Apparat an seinem Bein – ein Gaswarngerät.

„Nur ein Kontrollpiepen, nichts Schlimmes!“, erklärt der 52-jährige schmunzelnd. „Durch die Pumpe können giftige Gase heraustreten. Wenn das Piepen schneller wird, dann heißt es alles stehen und liegen lassen und schnell raus hier.“ Diesmal kann die Arbeit aber noch fortgesetzt werden. Per Knopfdruck fährt die Pumpe wieder surrend nach unten. Langsam füllt sie sich mit Wasser und ein tosender Lärm verrät, dass alles wieder einwandfrei läuft.

Ein Kontrollblick in die Kanalisation

Einige Meter neben der Pumpstation ist ein Gitter in den Boden eingelassen. Durch das Gitter ist eine Betontreppe zu sehen, die einige Stufen in die Erde führt. Am Ende der Treppe erscheint eine dicke, stählerne Tür, die sich mit etwas Kraft öffnen lässt. Dahinter befindet sich die Kanalisation.

Der Geruch in der Kanalisation ist noch unangenehmer und intensiver als in der Pumpstation. Durch ein großes, dickes Betonrohr fließt das Abwasser aus den Haushalten Richtung Pumpe. In der Kanalisation scheint alles in Ordnung zu sein, denn der Betriebsleiter guckt mit einem zufriedenen Lächeln zu dem Abflussrohr hinunter und sagt: „Hier ist die Arbeit jetzt getan!“.

Eine Betontreppe im Boden führt zur Kanalisation. Foto: Ricarda Kleine
Durch ein großes Betonrohr fließt das Abwasser Richtung Pumpe. Foto: Ricarda Kleine

Endstation Kläranlage

Zurück auf dem Gelände der Kläranlage geht der erste Weg in die Rechenhalle. In der riesigen Halle sind einige große, silberne Abflussrohre zu sehen. Die Rohre laufen von den vielen Pumpstationen der Umgebung hier zusammen.

In einer Ecke steht eine große Box aus Stahl – der Rechen. In dem Rechen wird das Abwasser von dem restlichen Abfall befreit. In der Box hängen einige Fetzen an einem großen Gitter. „Ab und zu schafft es ein einzelnes Feuchttuch doch durch die Pumpe, dann ist aber spätestens hier Schluss“, erklärt Hans Kleine. Nachdem das Abwasser durch den Rechen gefiltert wurde, fließt es weiter und der Reinigungsprozess in der Kläranlage beginnt.

Grünes Licht

Ein abschließender Blick auf die Schalttafel in der Leitwarte steht noch bevor. Jetzt leuchtet auch das Licht der Pumpstation Depenbrock wieder grün auf. Auch die anderen Lampen glühen nach wie vor grün.

Das Problem ist für heute behoben, aber die Arbeit noch lange nicht vorbei.